Antike Zeiten und Kulturen

Tod und Bestattung in der Vorgeschichte

TOD UND BESTATTU

IN DER VORGESCHICHTE

In vorgeschichtlichen Gemeinschaften war das Sterben ein viel alltäglicheres Erlebnis als es heute in unserer Gesellschaft der Fall ist. Prak­tisch ohne medizinische Versorgung konnten schon so banale Erkrankungen wie ein Zahnabszess oder eine verschleppte Erkältung zur tödlichen Gefahr werden. So starben z. B. in der frühbronzezeitlichen Siedlung von Karataş-Semayük bei Elmalı 40% der Menschen schon vor Erreichung des 10. Lebensjahres. Frauen wurden im Durchschnitt kaum 30 Jahre alt, Männer gerade 5 Jahre älter.Dieser alltägliche Tod wurde wohl zu keiner Zeit und von keiner Volksgruppe auf der Welt als Ende der Existenz des Individuums angesehen. Dementsprechend zahlreich sind die Vorstellun­gen von einem Leben nach dem Tod, die man aus frühen historischen und ethnographischen Überlieferungen kennt. Der physische Tod wird darin allgemein als Überschreitung einer Grenze, als Übergang von einem Stadium des Seins in ein anderes, empfunden. Diese Grenzquerung wird meist als ein mehr oder weniger langer Prozess angesehen, ein Weg, oft verbunden mit Warten an heiklen Stellen, mit Prüfungen und so­gar mit Kämpfen. Dabei ergibt es sich fast von selbst, daß dieser Übergang des Verstor­benen mit einer Reihe von Ritualen verbunden wird, die ihm die „Reise“ ermöglichen und die nicht zuletzt auch den Überlebenden den Ab­schied erleichtern sollen.

Die Frage, ab welcher Entwicklungsstufe der Mensch Gräber angelegt hat, ist noch offen. Die ältesten bisher bekannten Bestattungen sind rund 80.000-90.000 Jahre alt und stammen von Nean­dertalern aus der Zeit des Mousterien. In der Türkei hat man noch keine so frühen Gräber ent­deckt, aber in verschiedenen Grabungen, z. B. in den Höhlen von Karain bei Antalya und Yarımburgaz bei Istanbul , wurden Knochen- und Zahnreste von paläolithischen Men­schen geborgen, die ursprünglich hier bestattet gewesen sein mögen.

Mit dem Beginn des Neolithikums vor rund 10.000 Jahren setzte im Gebiet Osttürkei-Nordiran-Nordirak die Entwicklung von Tier- und Pflanzen­zucht ein. Besonders der Anbau von Pflanzen brachte es mit sich, daß der Mensch die um­herschweifende  Lebensweise  des  Jägers  und Sammlers aufgab. Er baute für seine erwirtschaf­teten Vorräte Speicher und wurde so bald seßhaft. Also enstanden die ersten dörflichen Ansiedlungen mit festen Behausungen.

Ein sehr eindrucksvolles Beispiel ist der Fund­platz Çayönü bei Diyarbakir. Hier begegnet uns die Sitte der Siedlungsbestattung, die in den fol­genden Jahrtausenden in Anatolien immer wieder anzutreffen ist: Die Toten wurden nicht auf einem Friedhof gemeinsam und vom Bereich der Le­benden getrennt beerdigt, sondern man behielt sie innerhalb der Siedlung, also in unmittelbarer Nähe der Lebenden. An zahlreichen Stellen wur­den unter den Böden der Wohnhäuser Skelette in einfachen Erdgruben angetroffen. Meist lagen sie auf der Seite mit angezogenen Beinen, in einer als „Hockerlage“ bezeichneten Position.

In einem von den Ausgräbern „skull-building“ ge­nannten Haus in Çayönü fand man neben vollständigen Skeletten 70 Schädel ohne Unter­kiefer sowie größere Mengen gestapelter Langkno­chen. Das heißt, daß man die Toten wohl zunächst an anderer Stelle nur vorläufig be­stattet und dann später die Knochen in diesem Gebäude gelagert hat. Auch wenn andere Inter­pretationen möglich erscheinen: Das „skull-building“ von Çayönü erinnert an die sog. Beinhäuser, die man besonders in den Al­penländern hier und da bis in die jüngste Zeit unterhalten hat. Man hat dort die Gräber nach einer bestimmten Frist geöffnet und die Knochen und Schädel gereinigt, oft beschriftet und bemalt und dann offen gelagert. Hier wurde weder ein komplizierter Ahnenkult noch ein blutrünstiger Opferkult betrieben – die Überreste der Vorfahren wurden in einer pietätvollen Weise, auch als „memento mori“, aufgehoben, und es gibt eigentlich keinen zwingenden Grund, warum das in Çayönü 9000 Jahre früher anders gewesen sein müßte.

Einzelne Schädel sind im übrigen auch in anderen neolithischen Siedlungen gefunden worden, wie z.B. in Fikirtepe bei Istanbul und Hacilar bei Bur­dur. In Nevali Çori einer teilweise mit Çayönü gleichzeitigen Siedlung am Euphrat bei Urfa, gab es Gruppen von Schädeln unter dem Boden von zwei Häusern. Aus der neolithischen Siedlung von Köşk-Höyük bei Nigde ist ein Schädel überliefert, der mit Lehm überzogen und mit Ocker bemalt war. Hierfür gibt es zahlreiche Ver­gleiche aus dem akeramischen Neolithikum in der Levante, wo man offensikhlicht versucht hat, auf den Schädeln mit Lehm die ur­sprünglichen Ge­sichtszüge wieder herzustellen. Es ist anzunehmen, daß solche Schädelskulpturen wie auch die einzeln angetroffenen Schädel im Ahnenkult Ver­wendung fanden.

Die Sitte der Siedlungsbestattung wurde auch im neolithischen Çatal Hüyük bei Konya im 7. Jahr­tausend v. Chr, gepflegt. Die Toten sind fast ausschließlich in den Häusern unter Lehmpodest­en bestattet worden. Sehr oft fanden sich hier mehrere Skelette -in einem Fall sogar Überreste von 32 Individuen . Dabei handelt es sich vielleicht um Familiengräber, denn diese To­ten wurden hier nicht gleichzeitig, sondern nacheinander niedergelegt. Das läßt sich daran erkennen, daß oben liegende Skelette meist vollständig, unten liegende dagegen gestört waren. Als Beigaben wurden öfter Schmuck­sachen, Waffen und Geräte angetroffen. Aus gewissen Anzeichen hat der Ausgräber James Mellaart geschlossen, daß es sich hierbei oft um Sekundärbestattungen der Skelette handelt. Und in dieser Siedlung fand sich in Form von Wand­malereien auch eine mögliche Antwort auf die Frage, wie man die Befreiung der Skelette von Fleisch und Organen bewerkstelligt hat: Auf einigen Wänden sind große Vögel dargestellt, die an den Halsfedern und den breiten Schwingen als Geier zu erkennen sind. Sie stehen neben kopf­losen Menschenfiguren und scheinen mit ihren Schnäbeln auf sie einzuhacken . Dies geschah wohl in eigens geschützten Bezirken oder auf hohen Plattformen, die für sonstige Raubtiere unerreichbar waren, denn diese hätten im Gegen­satz zu den Geiern nicht einfach das Skelett abgenagt, sondern auch größere Körperteile fortge­schleppt. In ähnlicher Weise setzen noch heute die Angehörigen der Gruppe der Parsen im Iran und in Indien die Leichen ihrer Verstorbenen den Geiern aus.

Vielleicht hat man in Çatal Hüyük außerdem versucht, die Gebeine der Verstorbenen mit Feuer zu reinigen, denn einige der in den Häusern bestat­teten Skelette wiesen Brandspuren auf. Dieselbe Beobachtung gibt es jetzt neuerdings auch aus dem etwas früher zu datierenden Aşikhhüyük bei Nigde, wo Brandverfärbungen an Skeletten häufiger festgestellt wurden. Eine echte Einäscherung der Toten, die auch zur Vernichtung eines großen Teils der Knochen führen würde, ist hier aber noch nicht versucht worden. Wir wissen bislang nicht, ob die Bestattung von Verstorbenen innerhalb der Siedlung im Neo­lithikum wirklich allgemein üblich war. Bei Grabungen in verschiedenen Siedlungen aus dieser Zeit in Anatolien sind nur sehr wenige bzw. gar keine Gräber gefunden worden. Es könnte daher gut sein, daß man damals auch schon Bestat­tungsplätze am Rand oder gar weiter entfernt von den Siedlungen hatte. Wahrscheinlich waren die Sitten von Region zu Region verschieden. Das gleiche gilt auch für das Spätneolithikum und das Chalkolithikum, also etwa das sechste, fünfte und vierte Jahrtausend vor Christus. Bei Grabungen in den Siedlungen ist man zwar hier und da auf einzelne Bestattungen gestoßen, aber die Zahl dieser intramuralen Gräber ist viel zu gering, verglichen mit den anzunehmenden Bevölkerungszahlen.    Und,    waren   in   der frühneolithischen Zeit noch Menschen aller Al­tersstufen in den Siedlungen begraben worden, so fällt auf, daß die aus spätneolithischer und chalkolithischer Zeit bekannten Bestattungen in den Häusern sehr oft diejenigen von Kindern sind. Es mag sein, daß man sie als schwächste Mitglieder auch im Tod unter dem Schutz der Gemeinschaft halten und nicht wie die Erwachsenen auf einem entfernter liegenden Friedhof bestatten wollte. Mit dem Beginn der Bronzezeit, also gegen Ende des vierten Jahrtausends v. Chr., ändert sich der Forschungsstand in vielen Teilen Anatoliens. Eine ganze Reihe von bronzezeitlichen Friedhöfen sind archäologisch untersucht worden. Dafür sind sicher zum Teil neue Grabformen verantwortlich -war bisher meist nur die Bestattung in einfachen Erdgruben üblich, so legte man nun oft auch stabi­lere Gräber an. Man bettete die Toten z. B. in große Tongefäße, sog. Pithoi, oder in aus Platten zusam­mengesetzte Steinkisten. Solche Gräber fallen auf, wenn sie zufällig bei der Beackerung des Bo­dens oder bei Baumaßnahmen angeschnitten werden, und können so archäologisch untersucht werden .

Für die Bestattungen in Pithoi verwendete man wohl fast immer große Vorratsgefäße aus den Siedlungen. Man schob die Toten meist mit den Füßen zuerst in die schräg im Boden liegenden Pithoi und bettete sie in Hockerstellung. War ein einzelnes Gefäß zu klein, legte man zwei davon Mündung an Mündung gegeneinander . Meist wurde pro Grab nur ein Bestatteter festge­stellt, aber hin und wieder kommen auch Doppel-und Dreifachbestattungen in Pithoi vor. Einzigartig ist bisher ein Fall aus der Nekropole von Karataş-Semayük bei Elmalı, wo in einem großen Pithos Skelettreste von acht Individuen entdeckt wurden. Hier wird man wohl mit Recht von Fami­liengräbern sprechen dürfen. Manche der Grabpithoi zeigen einen ausser-gewöhnlich stabilen Verschluß aus großen Steinen . Dies kann als Schutz vor einer Beraubung der Bestattung gedacht gewesen sein, aber viel­leicht wollte man auch so den Toten am Verlassen seines Grabes hindern – die Vorstellung von der Bedrohung der Lebenden durch die Toten bzw. durch bestimmte Tote gab es wohl zu allen Zeiten. Dabei war es noch einigermaßen leicht, das phy­sische Wiedererscheinen des Verstorbenen zu ver­hindern – viel schwieriger dürfte der Schutz vor zurückkehrenden Seelen gewesen sein. Texte aus hethitischer Zeit sprechen von solchen Toten­geistern, die die Lebenden bedrängten und die durch Opfer und sonstige Handlungen beruhigt werden mußten.

Dauerhafter, aber auch aufwendiger als die Pithosgräber waren die Bestattungen in Stein­kistengräbern . Dabei war man aller­dings vom Vorkommen entsprechend großer plat­tiger Kalksteine abhängig – daher gibt es solche Gräber nicht überall in Anatolien. Beholfen hat man sich manchmal damit, daß man die Wände der Kisten aus Bruchsteinen aufgemauert hat und dann darauf einen großen Stein als Abdeckung leg­te. Da der Aufwand für die Anlage eines solchen Grabes größer war, liegt es nahe, hier Bestattun­gen von Personen gehobener Stellung zu vermuten. Dies wird bestätigt durch die Befunde in der frühbronzezeitlichen Nekropole von Demircihüyük-Sanket bei Eskişehir, wo Beraubung unüblich war, aber doch und gerade bei einigen der aus besonders großen Steinen errichteten Kisten nachgewiesen werden konnte. An anderen Plätzen, wo Kalksteinplatten in ausreichender Menge zur Verfügung standen, wie z. B. in Kügükhöyük bei Bozüyük oder Iasos bei Milas, wurden jedoch viele oder sogar alle Gräber als Steinkisten angelegt.

Aber Pithos- und Steinkistengräber haben das in den vorherigen Jahrtausenden übliche Erdgrab keineswegs vollständig ersetzt. Es ist noch nicht einmal so, daß eine Bestattung in einer einfachen Erdgrube ohne Einbauten prinzipiell als ärmer an­zusehen wäre. Die Funde zeigen öfter das Gegen­teil.

Auch in Erdgräbern gibt es Mehrfachbestattungen . Die Frage, ob solche Paare gleichzeitig oder nacheinander bestattet wurden, ist oft schwer zu beantworten. Die Vorstellung von Dienern, die Ihrer Herrschaft, und Frauen, die ihren Gatten mehr oder weniger freiwillig ins Grab folgten, gar rituell geopfert wurden, drängt sich auf, ist aber in den allermeisten Fällen nicht gerechtfertigt, Auch ethnographische Vergleiche lehren, daß Nachbestattungen in älteren Gräbern unproblema­tisch bzw. sogar vorgeschrieben waren, und daß es da keine Berührungsängste mit den Toten gab.

In jeder Nekropole gibt es das eine oder andere Element im Bestattungsbrauch, das von der gängigen Tradition der Zeit abweicht. So sind z.B. in der FBZ III-Nekropole von İkiztepe bei Bafra die Verstorbenen meist nicht in Hockerlage, son­dern in gestreckter Lage auf der Seite oder auf dem Rücken liegend beigesetzt worden. In Ikiztepe ist auch eine recht wertvolle Ausstattung der Toten mit Beigaben aus Metall – Waffen, Gerät und Schmuck – zu beobachten. Dies steht im Gegensatz zu anderen Nekropolen und dürfte mit der Nähe von Kupfervorkommen zu erklären sein. Ansonsten ist in den frühbronzezeitlichen Gräbern Anatoliens kein fester Beigabenkanon zu beobachten. Einige persönliche Gegenstände, hier und da et­was Schmuck, und häufig ein einzelnes Gefäß, das vielleicht einen Trank für den Weg enthalten hat, sind die typischsten Beigaben.

Wir befinden uns hier im dritten Jahrtausend v.Chr., einer Zeit, in der in Ägypten die Pyrami­den gebaut wurden und in Mesopotamien mächtige Dynastien herrschten. In Anatolien gab es wohl noch keine Könige, die größere Gebiete unter ihrer Kontrolle hatten, aber es gab Regionalfürsten. Im Zentralen Hochland sind in den dreißiger Jahren in Alaca Höyük reiche Gräber entdeckt worden, die als Grablege einer solchen Fürstenfamilie an­zusehen ist.

Hier wurden mehrere Meter lange und nur 50-70 cm tiefe Kammern mit Bruchsteinwänden und Bal­kenabdeckungen ausgegraben . Meist war darin ein einzelner Toter in seinen geschmückten Gewändern beigesetzt – immer noch in der typischen Hockerstellung, am Platzmangel kann es also nicht gelegen haben. In den Gräbern verteilt lagen die prunkvollsten Beigaben, die bisher in anatolischen Gräbern gefunden worden sind – Gefäße aus Gold, Silber und Bronze, Zier­scheiben und Tierfigurenaufsätze aus Bronze, Schmuck und Waffen aus Gold und Bronze und so­gar schon Dolche mit eisernen Klingen. Diese müssen extrem kostbar gewesen sein, wie auch die Schäftung mit Goldblech zeigt.

Mit dem Ende der Frühen Bronzezeit um die Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend v.Chr. brach in Anatolien ein neues Zeitalter an: Im Zentralen Hochland enstanden frühhethitische Siedlungen, und assyrische Kaufleute gründeten dort Handelskolonien. Als wohl wichtigstes Gut in ihrem Gepäck brachten sie die Schrift mit. Die Texte liefern nun eine ganze Reihe von Informationen, die wir aus den Grabungsbefunden nicht herausle­sen können. Dazu gleich mehr; zunächst aber noch ein Blick auf die Grabformen des zweiten Jahrtau­sends v.Chr., also der mittleren und späten Bron­zezeit in Anatolien.

Prinzipiell änderte sich wenig gegenüber der frühen Bronzezeit: Sowohl im anatolischen Hoch­land im Kerngebiet der Hethiter als auch im Westen und Süden waren separate Friedhöfe mit Pithos- und Steinkistengräbern sowie einfachen Erdgrubengräbern weiterhin üblich. Verbreitet ist

jetzt die Sitte, Gefäßbeigaben nicht mehr nur in die Gräber mit hineinzugehen, sondern auch außen da­neben niederzulegen . Dies könnten Überreste von Totenopfern oder Totenmalen sein, die während der Bestattung oder später hier ab­gestellt wurden.

Nur kurz erwähnt sei noch, daß in dieser Zeit in Zentralanatolien wieder häufiger Bestattungen innerhalb der Siedlungen festgestellt worden sind, z. B. in der assyrischen Handelskolonie von Kültepe bei Kayseri  und in der gleich­zeitigen Siedlungsschicht auf der Terrasse von Alişar Hüyük bei Yozgat. Fraglich ist dabei wie­derum, ob wirklich alle Toten in der Siedlung begraben wurden, oder ob diese Behandlung irgend­welchen besonderen Personen vorbehalten blieb.

Eine wesentliche Neuerung im 2. Jahrtausend v.Chr. ist die Ausbreitung der Brandbestattungs­sitte. Zum ersten Mal taucht sie in der späten Frühbronzezeit am Ende des 3. Jahrtausends in Gedikli an der syrischen Grenze auf. Hier wurden nun die Leichen auf einem richtigen Scheiterhaufen verbrannt und die Überreste dann in Tonurnen beigesetzt. Diese Sitte breitete sich im Verlauf des zweiten Jahrtausends in Anatolien aus, ohne allerdings eine allgemeine Verbindlichkeit zu er­langen. In den meisten Teilen des Landes blieb die Körperbestattung durchaus üblich bzw. sogar vorherrschend. Man findet in den Nekropolen, wie z.B. Ilıca westlich von Ankara, Osmankayasi bei Bogazköy , Karahüyük bei Konya, Demircihüyük-Sanket bei Eskişehir, Beşiktepe bei Troia und Panaztepe bei Izmir beide Bestattungsformen direkt nebeneinander vor. Dies ist wohl weniger als Hinweis auf unterschiedliche Bevölkerungs- oder Glaubensgruppen zu verstehen, sondern eher als Ausdruck lokaler Traditionen und persönlicher Präferenzen der Verstorbenen bzw. ihrer Familien, vergleichbar mit der Situation im antiken Griechenland.

Daß die Hethiter die Brandbestattung kannten, wußte man schon, bevor überhaupt die ersten Ur­nengräber entdeckt waren, und zwar aus Keil­schrifttexten, die in den dreißiger Jahren in Bogazköy zum Vorschein gekommen sind. Hier ist insbesondere ein Text aus der Großreichszeit von Bedeutung, in dem ein Ritual beim Tod des Königs oder der Königin beschrieben wird. Die Feierlich­keiten dauern 14 Tage und umfassen Tierschlach­tungen, Trank- und Speiseopfer für den Verstor­benen, für die Ahnen und die Götter, priesterliche Verrichtungen und Gebete, diverse Gaben (auch aus Edelmetall), Zwiesprache mit dem Toten und mit den Göttern, verschiedene Totenmahle sowie das Umherführen einer Statue des Verstorbenen. Viele der Gaben, z.B. Schlachttiere, ein Gewand, Hacke und Spaten werden dem eingeäscherten To­ten durch Verbrennen zur Verfügung gestellt. Ein ausgestochenes Stück Wiese symbolisiert ihm zu­geeignetes Land, auf dem sein Vieh weiden soll.

Der königliche Leichnam wird am zweiten Tag des Rituals auf einem Wagen zu den Verbren­nungsplätzen überführt und wohl am Abend dieses Tags verbrannt. Am nächsten Morgen wird der Scheiterhaufen mit Bier und Wein gelöscht. Frauen sammeln die Knochenreste aus der Asche, legen sie in ein silbernes Gefäß mit Öl und wickeln sie dann in ein Leintuch. Dieses Vorgehen ent­spricht erstaunlicherweise bis ins Detail der von Homer in der Ilias geschilderten Bestattung des Patroklos, der in der Schlacht vor Troia fiel: Auch hier brennt der Scheiterhaufen über Nacht und wird am Morgen mit Wein gelöscht, die Kno­chenreste werden eingesammelt und in gedop­peltes Fett gelegt, in einem goldenen Gefäß aufge­hoben und mit Leinenstoff eingehüllt.

Im hethitischen Text wird dann weiter beschrie­ben, wie man die Knochenreste auf eine Sitzgele­genheit legt, einen Tisch davor deckt und so zu­sammen mit dem Toten ein Mahl abhält. Später bringt man die Knochen in ein sog. Stein-Haus, legt sie auf ein Bett und stellt eine Lampe hinzu. Das Stein-Haus scheint die letzte Ruhestätte, das Mausoleum zu sein. Aus anderen Texten weiß man, daß es mit Personal und auch mit Land aus­gestattet war.

Dieses Ritual für das Königspaar ist sicher etwas besonderes, aber in stark vereinfachter Form werden ähnliche Handlungen auch beim Tod von normalen Sterblichen notwendig gewesen sein. Im Gegensatz zu den Königen wurden sie nicht zu Göttern, sondern nahmen einen niedrigeren Platz im Jenseits ein, der sicher ihrer Stellung im Dies­seits entsprach. Und so wie der König mit Land, Vieh und Wertobjekten für das Jenseits ausgestat­tet wurde, wird auch der einfache Mann nicht mit völlig leeren Händen seine letzte Reise angetre­ten haben. Die Beschreibung des Begräbnisrituals für die hethitischen Könige zeigt mit aller Deut­lichkeit, daß die Objekte, die wir heute in den Gräbern als Beigaben finden, wohl meist nur einen kleinen Ausschnitt darstellen aus der Menge der Dinge und Werte, die demVerstorbenen seinerzeit symbolisch und rituell übereignet worden sind. Und dies gilt sicher für die hethitische Zeit eben­so wie für die vorangegangenen und die folgenden Epochen der Kultur in Anatolien.

IN DER GRIECHISCH-RÖMISCH“. ANTIKE UND IHRE GRABSTÄTTE

In der griechischen – römischen Antike fürchtete man sich sehr vor den Geistern der Verstorbenen, den so­genannten Manen, Larven und Lemuren, die als bösartige Geister ange­sehen wurden. Um sie für sich zu ge­winnen, beging man jedes Jahr im Februar oder Mai zu Ehren dieser Gottheiten Feste.

Auf Wunsch der Familienange­hörigen wurde der Leichnam ein­geäschert oder begraben. Die Urnen aus Marmor, Blei, Glas oder gebrann­tem Ton, welche die Asche und die Beweine der Toten enthielten, wur­den in der Grabkammer aufbewahrt, welche mit Bänken und Nischen für weitere Graburnen ausgestattet war. Den Urnen gab man manchmal ein 3eldstück bei: Der Tote sollte die Überfahrt mit dem Nachen von Charon (dem Fährmann der Untenweit) über den Styx bezahlen können.

Die Gräber wurden am Wegesrand und in der Nähe von Städten errichtet, um wie Verron sagt, unaufhörlich den Geist des Vorüberkomnenden zu beschwören, daß er das menschliche Leben als hinfällig begreife.

Die Grabmäler reicher Familien waren prächtige Mausoleen, welche die verschiedensten Formen aufwiesen. Auf ihnen eingraviert fand ich Widmungsinschriften und Verwünschungen gegen mögliche Grabhänder. Diese Grabmonumente >bestanden aus einer Grabkammer, einem Versammlungszimmer oder Ruheraum     («Exedra»)      und    einem Speisezimmer («Triclinium»), in dem der Leichenschmaus stattfand, bei dem der wichtigste Bestandteil das Muschelessen war. Neben diesen Grabmälern konnte man zwischen Stelen, Gedenksteinen und Sarkopha­gen wählen, die preiswerter ausfielen. Eine Stelle bestand aus einer mono­lithischen Platte aus Marmor oder Stein. Sie konnte unterschiedlich ge­formt sein und erinnerte an den Verstorbenen. Die Vorderseite war mit Flachreliefs geschmückt, die zugleich den Toten und die überlebenden El­tern, welche dieses Grabmal hatten erstellen lassen, zur Darstellung brachten. Das Flachrelief des Verstor­benen, der oft auf einer «Kline», einer Art Sessel, ausgestreckt lag und dabei die Hände seiner Verwandten drückte, galt als ein Abschiedszeichen; der Verstorbene konnte auch einen Kranz oder ein Füllhorn in Händen halten. Die Frau des Verstorbenen saß oft an seiner Seite oder stand bei ihm und betrachtete zärtlich den Toten, des­sen Augen auf Pluto, den Gott der Unterwelt  gerichtet waren.

Die großen Stelen wurden auf Bestellung gefertigt. Sie waren reich an Flachreliefs, welche nacheinander das Totenmahl, die Stilisierung des Toten zum Helden und den Alltag des Verstorbenen darstellten. Dazu ge­hörten beispielsweise Szenen aus seinem Beruf, seiner Löwenjagd und aus dem Krieg. Flachreliefs hatten ab­wechselnd symbolische und realist­ische Inhalte: Der Schmetterling sym­bolisierte die  Seele des Verstorbenen,

die Schlange war s Symbol für die Verbindung mit  irdischen. Göt­tern, der Hund sollte die Traue dar, der Striegel war das Emblem eines Athleten. Ein Lebensbaum, um den eine Schlange gewunden war, eine Ostotheke (=Urne für die Gebeine) in Form einer Schatulle, eine Traube, ein Vogel, eine Erosfigur, Ohrringe, Siegerzweige, ein Flakon, eine Reiter­figur, eine Graburne mit Deckel, Ge­fäße und Opferschalen für die reli­giösen Waschungen bildeten den weiteren ikonographischen Bestand. Der Tote wurde auch zuweilen als Weiser oder Philosoph  dargestellt.

Auf      den    Stelen      war    manchmal eine kleine Linie zu finden, welche die Trennungslinie     zwischen  dem  Dies­seits  und Jenseits markieren  sollte.

Die Stelen mit Frontgiebel und Stirnziegel bildeten die Hauptfassade eines Tempels; sie waren ebenfalls auf Bestellung für reiche Familien ange­fertigt worden.

Kleinere, schmucklose und ein­fache Stelen für die weniger Reichen wurden seriell hergestellt; man konn­te  sie in den  Läden  auch erwerben.

War eine Stele für mehrere Per­sonen bestimmt, so fand sich bei je­dem Flachrelief, welches den betref­fenden Toten darstellte, eine Inschrift eingraviert.

Die Cipsus – Säule, ohne Sockel und ohne Kapitell, war eine Grabstele oder Gedenkstele in Form eines Al­tars, einer kleinen Säule oder eines viereckigen Pfeilers, auf der eine Widmungsinschrift eingraviert war; ihr Block war mit mehreren Zierleis­ten ausdekoriert.

Im    dritten      nachchristlichen    Jahrhundert verschwanden die Stelen, Ur­nen und Cippen: Sie mußten den Sarkophagen Platz machen. Dort ver­wahrte man nun den Körper, den man nicht verbrennen wollte. Ein römischer Sarkophag ver­fügte über ein Dach, auf dessen ge­neigten Seiten sich Totenmasken und Giebelzinnen angebracht wurden. Er war auf drei Seiten behauen, die vierte Seite wies auf die Mauer. Die griechischen Sarkophage hingegen wurden an allen vier Seiten verziert. Die Bildmotive der Sarkophage hat­ten, wie diejenigen der Stelen, eine große Variationsbreite. Seit Anfang des zweiten nachchristlichen Jahrhun­derts zogen sich breite Girlanden über sie hin; zwischen diesen waren die Figuren von Amor, Victoria und Eros eingezeichnet. Diese Gestaltungsform wurde von den anatolischen Werkstät­ten übernommen, die sich in der Nähe von Marmor- oder Steinbrüchen an­gesiedelt  hatten.

In der letzten Hälfte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts ging von den kleinasiatischen Werkstätten eine neue Art der Figurendarstellung aus: Ein griechischer Mythos oder Opfer­szenen und Kriegsszenen gehörten zu dem figurativen Bestand der Sarko­phage.

Gewöhnlich wurden die Sarko­phage und die Stelen aus dem Mar­mor, der auf der kleinen Insel Prokonessos abgebaut wurde, hergestellt. In der römischen Epoche war diese Insel wegen ihrer Marmorbrüche weit angesehen. Später, unter den Osmanen,  hieß  diese Insel  Marmara.

Die Sarkophage und Stelen, die schon halbfertig waren, wurden in die Mittelmeerländer exportiert. Man zerlegte das Tier und ein kleines, mit Fett umgehenes Fleischstück wurde auf dem AItar verbrannt. Das größte Fleisch Stück wurde unter die Priester ver­eilt. Das Fleisch der geopferten Tiere, die den Göttern der Unterwelt und den Toten geweiht waren, verbrannte man vollständig. Das Opfer, mit dem o verfahren wurde, wurde auch «Hopocaust» genannt.

im allgemeinen fanden diese  Zeremonien morgens in der Dämmerung statt. Die Opferung wurde beim Klang einer löte begangen. Während dieser blutigen Opferungen wuschen sich, um sich u reinigen, die Gehilfen des Priesters die Hände und nahmen dann Gersten zur Hand. Der Priester sprach Gebet; man  streute    die Gerstener als  eine  erste  Opfergabe aus. je schnitt    dem Opfertier den Hals ch, hob seine Schnauze an, sodaß Blut nach oben, in Richtung Altar, [tzen konnte.    Ursprünglich hatten Gladiatorenkämpfe  auch  eine  re­ise Funktion: Sie dienten als Menschenopfer.

 Die Reinigung: Dieser Ritus hatte  Aufgabe,  die    betreffende   Person   jedem    bösartigen    Einfluß    zu freien.  Hierbei      gab es   mehrere Möglichkeiten.     Die      Elementarform stand    darin,   sich    die    Hände zu waschen     oder mit einem     Lorbeer-zweig mit  diesem    Wasser die Hände  benetzen.

Wann reinigte sich der Heide? Vor einem Gebet an die Götter 2. Vor nem Tieropfer 3. Vor einer Prozession 4. Nach einem Opfertod 5. Nach einer Entbindung 6. Nach einem Begräbnis 7. Während religiöser este 8.  Jedes profane Wort erfordert Wert einer Reinigung gleich.

Die religiöseren Waschungen:

Großteil der religiösen Handlungen umfaßte religiöse Waschungen. Die dafür benötigten Flüssigkeiten waren Wasser, fermentierte Getränke, Milch, Öl und das Blut von geopferten Tieren.

Nach einem Familienbrauch betropfte man jeden Morgen und je­den Abend den Fußboden des Hauses mit einigen kleinen Spritzern Wein. Während des Mittagsmahls, bevor man trank, hatte man in gleicher Weise zu verfahren: Man wünschte den Göttern somit ihr Teil. Unsere moderne Zivilisation hat auch diesen heidnischen Brauch übernommen: In einigen Ländern beispielsweise wer­den beim Hausbau während des Richtfests einige Spritzer Wein auf der Schwelle verschüttet.

Die Opfergabe: Die Ratgeber und Ratsuchenden mußten die Opfergaben zuerst nach dem Wunsch des betref­fenden Gottes darbieten.

Gewöhnlich konnte das Opfer eine bescheidene Gabe sein: Die Erst­lingsfrüchte der Ernte, Kinderhäare, Blumen, Kuchen oder kostbare Ge­genstände: Waffen, Geschirr, Edel­metall, Schmuck, Gold und Silber in Barren oder Münzform. Man bewahrte alle Opfergaben in einem Tempelin­nenraum auf, den man Schatzkammer des Gottes oder «Opisthodomos» nannte.

Wenn der Wunsch des Bittstel­lers erhört wurde, mußte er dem Gott eine zweite Opfergabe als Dank für die Erfüllung seiner Bitten darreichen. Dieses galt als Zeichen von Dankbar­keit:   Ein Exvoto.«Heil Dir, Kaiser, die Totgeweihten grüßen Dich».

Die Gladiatoren wurden unter den Kriegsgefangenen und sehr kräftigen Sklaven ausgesucht. Sie wurden einem sehr harten Training in Special- und Privatschulen unter­worfen. Später wurde hierfür eine kaiserliche Schule eingerichtet. Die «Trainer» der Gladiatoren versprachen den Siegern eine stattliche Belohnung. Als Freigelassene wurden sie dann Ausbilder von  Gladiatoren.

Die Gladiatorenkämpfe hießen «Hoplomachien». Man kämpfe bald zu zweit, bald in Gruppen und manchmal gegen wilde Tiere wie Stiere, Bären, Panther, Löwen, Leoparden und Tiger. Nicht alle Gladiatoren waren es be­rufsmäßig. Man ließ oft zu Tode Ver­urteilte unbewaffnet gegen bewaff­nete Gegner und wilde Tiere antreten. Am Ende des Kampfes wurden sie schließlich von diesen wilden Tieren zerrissen.

Jeder Gladiator war auf eine bestimmte Kampfform spezialisiert: Der Netzkämpfer hatte nur ein Netz, um seinen vollausgerüsteten Gegner zu fangen und nur einen Dreispitz, um ihn zu töten. Die Samniten trugen einen Schild und ein Schwert. Der Kopf des Mirmillonen war mit einem Helm bedeckt, auf den ein Fisch ge­zeichnet war; die Thraker, bewaffnet mit Rundschild und Dolch. Sobald das Trompetensignal er­klang, kämpften die Gladiatoren bis zum tödlichen Ausgang . Die Zu­schauer schlossen untereinander Wet­ten ab und schrien unentwegt: «Schlag‘ ihn‘, erwürg‘ ihn, seng‘ ihn!»

Die Mastigophoren trieben die un­willigen Gladiatoren mit Peitschen und glühenden Eisen zum Kampf. Um ihren Eifer anzustacheln, peitschten sie diese bis  aufs Blut.

Der besiegte Gladiator erhob seinen linken Arm, um Gnade von dem sadistischen Publikum zu erflehen. Der Sieger befragte dann das Publi­kum und dies konnte mit der Geste des erhobenen oder gesenkten Dau­mens Gnade bewilligen oder ablehnen.

Der Prokonsul und Gouverneur der Stadt krönte dann von seiner Loge aus den Sieger mit einem Kranz aus Olivenzweigen. Die Bediensteten, die als Charon (Fährmann in der Un­terwelt) verkleidet waren, näherten sich den Liegenden und trugen die Leichname auf ihren Bahren aus der Arena. Um die Arena herum und an den Stellen der Arena, wo die Gladia­toren gekämpft hatten, verbrannte man in Räucherpfannen arabischen Weihrauch, um mit diesem Duft den Geruch des geronnen Blutes zu über­decken.

Die lykischen Gräber

In nahezu allen Landschaften Kleinasiens bewundern wir aus dem Felsen geschlagene Gräber, doch sind diese in Lykien am zahlreichsten und in ihrer architektonischen Gestaltung am vielfältigsten. Bis heute hat die Forschung weit über 1 000 Beispiele der kunstvollen lykischen Grabarchitektur erfaßt, die weithin sichtbar im Umkreis eines jeden größeren Siedlungsplatzes in Antike und Gegenwart das Bild der Landschaft prägen. Der reiche architektonische und vereinzelt auch bildhafte Schmuck sowie die >unvergängliche< Bauweise machen den hohen Stellenwert deutlich, den das Leben nach dem Tode bei den Lykiern gehabt hat. Nach ihrem Bestattungsritus wurde der Leichnam des Verstorbenen nicht in der Erde begraben, sondern unverbrannt in einem möglichst hochgelegenen Grab beigesetzt, da die Lykier in ihrer Jenseitsvorstellung an ein Lichtreich zwischen Göttern und Menschen glaubten, in das die Seelen der Verstorbenen von Vogeldämonen (>Sirenen< – von Ch. Fellows fälschlich als >Harpyien< bezeichnet) gelei­tet wurden.

Die Sonderentwicklung der lykischen Grabarchitektur wird einmal aus dem lykischen Volkscharakter, zum anderen aus der schwer zugäng­lichen Randlage Lykiens verständlich, das zu allen Zeiten nicht nur weitgehend politisch unabhängig, sondern auch eine in sich geschlosse­ne Kulturlandschaft gewesen ist. Dementsprechend schwer und in jeder Epoche erst spät konnten persische, griechische und römische Einflüsse in der lykischen Kunst Fuß fassen. Sie blieben zumeist auf ehe großen Reliefgeschmückten Herrscherdenkmäler beschränkt, in denen man sich bemühte, die internationale Atmosphäre am Hof lykischer Fürsten bildhaft zum Ausdruck zu bringen. Ein glänzendes Beispiel dafür ist das Heroon des Perikles von Limyra (1. Hälfte 4. Jh. v. Chr. des­sen Cellafries den Fürsten zeigt, der an der Spitze seines militärischen Aufgebotes einen Streitwagen besteigt: Iranisch gezäumt sind die Pfer­de und ihre Reiter tragen eine iranische Tracht, griechisch sind die Trachten anderer Gefolgsleute, und es erscheint auch eine phrygische Mütze auf dem Fries. In Bildern wie diesen kommt für die Herrscher­gräber – das gilt in gleicher Weise für das Nereidenmonument in Xanthos), das Fürstengrab in Pinara und alle weiteren Dynastengräber – neben der Begräbnisfunktion ihre wesentliche Rolle in der dynastischen Propaganda zum Ausdruck.

Die meisten Grabdenkmäler Lykiens konzentrieren sich auf die Städte und deren unmittelbare Umgebung, dennoch mußten zu ihrem Schutz besondere Vorkehrungen getroffen werden. So waren im 4. Jh. v Chr alle Grabanlagen einer minti genannten Organisation, einem Komitee von Verwandten, anvertraut, und die erhaltenen Grabin­schriften enden gewöhnlich mit der Verfluchung des Grabfrevlers sowie der Androhung von Geldstrafen für Beraubung und Zerstörung von Gräbern. Später übernahmen die Städte die Betreuung der Gräber, und die Strafgelder flössen in die jeweilige Stadtkasse.

Die Vielfalt der lykischen Gräber hat in der Forschung zu verschiede­nen typologischen Untersuchungen geführt, die sich sehr unterschiedli­che Schwerpunkte gesetzt haben, indem sie baugeschichtliche, chrono­logische oder auch sozialgeschichtliche Aspekte in den Vordergrund rückten Den Versuch einer ersten Gräbertypologie verdanken wir schon Ch Fellows, der die verschiedenen Formen in Übersichtstafeln zusammenstellte und zu ersten Datierungen der reliefverzierten Grab­anlagen kam (1841). Grundlegend für die weitere Forschung wurde dann die von G. Niemann und O. Benndorf vorgeschlagene, auf einer Evolutionstheorie basierende Einteilung in: /. Felsgräber- II. Sarko­phage – /// Pfeilergräber-IV. Griechische Grabmale .

Niemann und Benndorf sahen den Urtyp des lykischen Felsgrabes in den einfachen viereckigen Grabhöhlen oder Grabzellen, für die wir eindrucksvollstes Beispiel in der gewaltigen Felswand von Pinara sehen können. Von dieser Grabform ausgehend, fand ihrer Ansicht nach eine übergangslose Entwicklung zu einem Architekturgrab statt, das die  nachahmte .Weiterhin postulieren sie die Entwicklung vom Fassedengrab über das zweiseitig und dreiseitig ausgearbeitete Felsgrab zum freistehenden Grabhaus . Gleichfalls im Sinne einer Evolutionstheorie erkannten sie den Sarkophag mit dem spitzenbogenförmigen Deckel als eine Weiterentwicklung des Grabhauses mit gebogenem Dach ,das wiederum auf die älteste Form zurückgeht -das Grabhaus mit dem flachgedeckten Dach. Ähnliche Entwicklungslinien ließen sich für die Pfeilergräber, die zudem nur in relativ geringer Zahl vorkommen, nicht nachweisen; sie wurden als fremdartig empfunden und in ihrer frühen Entstehung einem persischen Einfluß zugeschrieben.Die Tempelgräber schließlich, für die das Vordringen grie­chische) Architekturelemente in zahlreichen Einzelheiten nachgewie­sen werden konnte, wurden nach 400 v. Chr. datiert und als Endphase der lykischen Grabarchitektur erkannt.

Spätere Untersuchungen modifizierten die Typologie der beiden österreichischen Forscher und brachten neue Aspekte in die Diskus­sion, u.a. sozialgeschichtlicher Art mit der Unterscheidung in Pfeiler-graber und monumentale Grabbauten lykischer Fürsten sowie in Grab-häuscr der lykischen Oberschicht. Den vorläufigen Schlußpunkt brachte die Klassifizierung von E. Akurgal, der den Entwicklungsgedanken durch den Aspekt der kulturellen Beeinflussung ergänzte: I.Grabmonumente in einheimisch kleinasiatischer Tradition – II. Grab-monumente mit einzelnen griechischen Elementen – III. Grabmonumente in griechischer  Architektur Ordnung.

Gegenüber den skizzierten Unterscheidungs- und Ordnungskriterien im die lykischen Gräber hat das reiche neue Material, das in den letzten fahren vorgelegt worden ist, mehr als deutlich gemacht, daß keine der genannten Typologien für die Gesamtproblematik tragfähig ist; wir wissen zuwenig über die Entwicklung der lykischen Grabtypen, ihre Chronologie und vor allem über die Wechselbeziehung zwischen Grab-typ  und sozialer Stellung des Verstorbenen. Zudem konnte J. Borch am Beispiel von Pinara eindeutig nachweisen, daß die einfache viereckige Grabhöhle nicht der Urtyp des lykischen Grabes, sondern eine Spatform ist. Hatte man früher zunächst die Grabfassade ausgearbeitet, so schlug  man jetzt lediglich die Grabkammer aus dem Felsen, di< durch eine in der Werkstatt vorgefertigte Fassade nachträglich verblendet  wurde.

Vor dem  Hintergrund dieser Erkenntnisse hat Borchhardt, ausgelihend von einer grundlegenden Studie über die mehr als 100 Gräber in den Felsnekropolen von Myra, die Untersuchung auf weitere lykische Nekropolen ausgedehnt. So konnte er für die Grundlagenfor-schung eine wesentlich erweiterte Materialbasis schaffen und eine tragfähigere Typologie erarbeiten, in der nicht nur die Fassade des Gra­bes, sondern auch die Grabkammer berücksichtigt wurde. Zunächst einmal lag eine Differenzierung der lykischen Grabarchitektur in zwei Haupttypen nahe: freistehende Grabdenkmäler und aus dem Felsen geschlagene Grabanlagen. Dabei ergibt sich in der Typenvielfalt ein eindeutiges Übergewicht bei den freistehenden Grabdenkmälern — Pfeilergräber, Grabhäuser, Grabtempel, Sarkophage und Doppelgrä­ber. Von diesen eignen sich nach ihrer Konstruktion nur Grabhäuser und Grabtempel in der einfachen Form des templum in antis für eine Übertragung in den Fels; ein Peripteros wie beim Nereidenmonument in Xanthos  ist in der Felsarchitektur bislang nur für das Löwen-grab in der Flußnekropole von Myra  belegt. Den Grund dafür, daß die Felsgräber weit zahlreicher sind als freistehende Grabdenk maler, sieht Borchhardt außer in deren Zerstörungsanfälligkeit in den beliebigen Möglichkeiten zur Erweiterung des Grabraumes in den Felsen hinein. Darüber hinaus macht seine Untersuchung deutlich, daß eine relative Chronologie der lykischen Gräber allein auf der Grundlage ihrer Architekturformen kaum möglich ist; aber auch unter Hinzuziehung der Inschriften und der im Hinblick auf die Gesamtzahl der Gräber  wenigen Reliefs bleiben die Ergebnisse auf Einzelgräber beschrankt.

Das Pfeilergrab ist die wohl älteste lykische Grabform, die von der 2. Halfte  des 6. Jh. bis in das 4. Jh. v. Chr. Verwendung fand. Auf einem Sockel steht ein  monolithischer Steinpfeiler, in dessen Oberteil eine kleine Grabkammer eingelassen ist; den oberen Abschluß bildet eine vorkragende dreistufige Deckplatte, die möglicherweise zugleich als Auflager für eine Grabskulptur gedient hat. Eine Reihe der Pfeilergräber ist in Höhe der Grabkammer umlaufend mit Reliefs verziert oder mit Inschriften versehen, z.B. das Harpyienmonument und der In-Inschriftenpfeiler von Xantos. Es ist offensichtlich, daß die Pfeilergräber als letzte Ruhestätte bedeutender Dynasten und nicht als Familiengräber zu deuten sind. Entstehung und Entwicklung des Pfei­lergrabes, das nur im südwestlichen Küstengebiet Lykiens belegt ist, müssen allerdings als ungeklärt angesehen werden, auch wenn eine Ähnlichkeit mit den auf Pfeilern aufgestellten Bienenkörben bei Söyle und Gecmen südöstlich von Elmalı unbestreitbar ist. Dieses Fortleben des Pfeilergrabes im modernen Bienenhaus hat seine Analogie in der Ähnlichkeit von Form und Holzkonstruktion heutiger Getreidespei­cher mit den lykischen Grabhäusern und Sarkophagen.

Die Grabhäuser lassen sich in ihrer Vielfalt am besten in den großen Felsnekropolen von Telmessos), Myra und Limyra  studieren. Sie entsprechen in ihren Konstruktionsmerkmalen Imitationen lykischer Holzhäuser: Eine Pfostenkonstruktion mit Längs- und Querbalken, die in den Eckpfosten miteinander verzahnt’ sind und mit ihren Enden über die Außenwände hinausragen; zwi­schen den Holzbalken sind die Wände kassettenartig verkleidet Im Kontrast zur aufwendigen Fassade besteht die Gruft aus einem schlich ten Raum mit zwei oder drei meist unverzierten Steinklinen, auf die die Verstorbenen gelegt wurden, z. T. auch in Mehrfachbestattungen. Die Dachkonstruktion, die sich unter dem Einfluß griechischer Architektur (Akroteren, Relieffiguren im Giebel etc.) entwickelt hat, ist bei den Grabhäusern unterschiedlich. Den ältesten Typ stellt offensichtlich das Grabhaus mit einem von Rundhölzern (vereinzelt auch Vierkantbal­ken) getragenen Flachdach dar, heute noch die Dachkonstruktion des anatolischen Bauernhauses. Bei den Grabhäusern mit Satteldach zei­gen vor allem die späten Beispiele mit ihren Akroteren den fortschrei­tenden griechischen Einfluß. Ob von diesen eine direkte Entwicklungs­linie zu den Grabhäusern mit Spitzbogendach führt, bleibt unsicher. Alle drei Dachtypen begegnen gemeinsam in der überwältigenden Meernekropole von Myra ; die schönsten Beispiele für eine echte Hausform, d. h. allseitig aus dem Felsen heraus­geschlagene Grabhäuser, finden sich in der Bergnekropole von Limyra .

Die Grabtempel sind das Ergebnis einer unter zunehmenden griechi­schen Einflüssen sich entwickelnden Hellenisierung lykischer Grabfor­men. An die Stelle der Kassettengliederung der Grabfront tritt die klassische Form der Tempelfassade mit griechischen Säulen, Gebälk und Giebel. Die häufigste Form ist die Tempelfassade in ionischer Ordnung mit zwei Säulen in antis, hinter denen eine hohe Vorhalle zur Grabkammer führt, an deren Eingang mit dem Portal und seinen Beschlägen die durch die Konstruktion bedingten Holzbauteile origi­nalgetreu in Stein übertragen sind. Als besonders eindrucksvolle Bei­spiele gelten die drei Tempelgräber oberhalb von Telmessos, darunter das Amyntasgrab , das Bellerophongrab von Tlos  und die Tempelgräber im karischen Kaunos . Daneben kennen wir einige wenige freistehend errichtete Tempelgräber, die den Erdbeben und den Grabräubern weit stärker ausgesetzt waren als die Felsgräber: den Peripteraltempel (Nereidenmonument von Xanthos, S. 75) und den Amphiprostylos (Heroon des Perikles von Limyra,  die nach ihrer Form und der reichen Ausschmückung mit Reliefs als die prächtig­sten Herrschergräber Lykiens bezeichnet werden können.

Auch die Sarkophage übertragen Holzkonstruktionen in Stein und können vielfach als Verkleinerung von Grabhäusern verstanden wer­den. In der lykischen Form – ein freistehender, auf einem hohen Stufenbau (hyposorion) aufgesetzter Sarkophag mit Spitzbogendach -ist dieser Grabtypus erst im 4. Jh. v. Chr. entstanden. Vereinzelt finden sich auch Felsgräber, deren Fassade der Seitenansicht eines Sarkophages entspricht. Insgesamt können unter den Sarkophagen drei Typen unterschieden werden, von denen die beiden ersten nur vereinzelt vorkommen: eine maßstabgerechte Verkleinerung eines Grabhauses mit Spitzbogendeckel wie auf dem Pfeiler am Theater von Xanthos und Grabhaussarkophage mit einem hohen truhenförmigen Sarkophagkasten, wie wir sie von Kyanai, Phellos und Soura  kennen. Die prächtigste Gruppe sind die Hyposorion-Sarkophage, bei denen im Hyposorion ein weiterer Grabraum angelegt ist. In diesem architektonisch zweitrangigen Unterbau wurden Sklaven und Dienerschaft der im Sarkophag bestatteten Herrschaften beigesetzt. Aus der Vielzahl der Hyposorion-Sarkophage heben sich einige durch ihre großartigen Reliefs und aufschlußreichen Inschriften hervor: der Sarkophag mit Kampfszenen von Telmessos , der Payava-Sarkophag von Xanthos  und der große Sarkophag von Antiphellos , die alle aus dem 4. Jh. v. Chr. stammen.

Die Doppelgräber sind eine Synthese unterschiedlicher Grabtypen und durchgehend zweigeschossig angelegt; alle Formen kommen je­weils nur in einzelnen Beispielen vor. Für die Kombination zweier Grabhäuser sind bislang zwei Grabanlagen bekannt – das Zzala-Monument von Kadyanda (400/380 v. Chr.;) und ein Grabmonument östlich des Heroons von Trysa (1.Hälfte 4. Jh. v.Chr.); die Verbindung eines Pfeilers mit einem Sarkophag kennen wir allein vom Pfeilersarkophag von Xanthos (4. Jh. v.Chr.), dessen Pfeiler aber nicht mehr monolithisch ist wie bei seinen Vorläufern des 6. und 5. Jh. v.Chr., sondern aus vier Orthostatenplatten zusammengesetzt wurde, die einen Hohlraum (evtl. für Grabbeigaben) aussparen. Mehr­fach dagegen sind ein Grabhaus und ein Sarkophag in einer Einheit zusammengefügt. Diese Form ähnelt stark dem Hyposorion-Sarkophag, doch sind hier Oberbau und Unterbau zwei architektonisch gleichrangige Bauteile: beim Grabmal des Xntabura in Limyra (350/340 v.Chr,) ebenso wie bei den Grabhaus-Sarkophagen von Kyaneai (350 v. Chr.;) und Soura (330 v. Chr.). Von be­sonderem Interesse ist bei den beiden Monumenten in Limyra und Kyaneai die Interpretation des reichen Reliefschmuckes.

Islamische Friedhöfe

 

Würdig bestattet zu werden, ist eines der mensch­lichen Grundrechte.

Der Islam hat wie alle Religionen Begräbnisrituale und -Vorschriften, die der islamischen Vorstellung von Tod und Erlösung entsprechen.

Waschung des Verstorbenen

Diese ist eine gottesdienstliche Handlung  und wird je nach Geschlecht des Verstorbenen von einem Mann bzw. einer Frau durchgeführt. Dies sind entweder nahe Verwandte oder dazu beauf­tragte Muslime. Steht keine Person zur Verfügung, die die Regeln dazu beherrscht, steht die Organisation dieser Aufgabe dem İmam zu.

Der Leib des Toten wird vor der Beerdigung rituell drei Mal gewaschen. Beim dritten Mal ist dem Wasser Kampfer beigemischt. Der Körper wird anschließend in drei (bei Männern) oder fünf (bei Frauen) saumlose weiße Totentücher gewickelt, die nach Möglichkeit von der großen Wallfahrt nach Mekka, die eine der 5 Pflichten des Islams ist, mitgebracht wurden.

Die Waschung kann zwar überall stattfinden, wo die religiösen Bestimmungen erfüllt werden, doch gibt es in den Ballungsgebieten der islamischen Länder spezielle Räume dafür, um der religiösen Handlung Rechnung zu tragen.

Das Begräbnis

Das Begräbnis sollte nach islamischen Vorstellungen möglichst rasch stattfinden. In den islamischen Ländern ist dies meist noch am Todestag bzw. nach dem nächsten Mittagsgebet.

 Der gewaschene Leichnam wird vor Beginn des Totengebets vor der Moschee mit Blick in die Gebetsrichtung aufge­bahrt. Dazu dienen die üblicherweise in der Türkei vor der Moschee aufgestellten tischähnlichen Gestelle. Das Totengebet wird vom İmam geleitet und kann in oder vor der Moschee oder auch an einem anderen Ort stattfinden, da es nicht zum fünfmaligen täglichen Pflichtgebet zählt.

Dann wird der Leichnam mit dem Kopf voraus zum Grab getragen. Dies gilt als ein besonderes religiöses Verdienst, daher wechseln sich Verwandte und Freunde beim Tragen des Leichnams ab. Frauen sind am Trauerzug traditio­nell nicht beteiligt bzw. sie kehren meist am Friedhof um.

Das kurze Gebet für einen Verstorbenen, dessen Trauerzug man gerade auf der Straße begegnet, gehört zu den guten Sitten – auch für einen ver­storbenen Nicht-Muslim.

Herkömmlich wird im Islam ohne Sarg begraben, jedoch findet sich bei den älteren Autoritäten der islamischen Rechtsgelehrten auch die Ausnahmeregelung für die Benutzung eines Sargs z. B. wegen der Bodenbeschaffenheit.

Die islamische Tradition besagt, dass der Verstorbene nach seinem Tod von zwei Engeln empfangen wird, die ihm vier Fragen stellen:

– Wer ist dein Gott?

– Wer ist dein Prophet?

– Was ist deine Religion?

– Wohin zeigt die Gebetsrichtung?

Wer diese Frage richtig beantworten kann, dem wird das Paradies verheißen, auf das er rituell richtig gebettet, getrost warten kann. Es ist dies eine Art private Vorwegnahme des jüngsten Gerichts.

Das Grab

Für die Beerdigung wird das Grab so ausgehoben, dass es im rechten Winkel zur Richtung nach Mekka liegt. Der Tote wird auf die rechte Seite gebettet, so dass das linke Ohr frei bleibt, damit er oder sie am Jüngsten Tag den Auferweckungsruf hört. Das Haupt des Toten wird leicht zur rechten Seite hin geneigt, damit sich sein Gesicht in Richtung der Kaaba befindet.

Der Tote kommt so mit dem Gesicht in die Richtung der Kıble, das ist die islamische Gebetsrichtung nach Mekka, zu liegen. Damit ist er auch im Tod mit der Gemeinschaft der Muslime verbunden.

Da im Islam nicht auf ein Grab getreten werden sollte (Verletzung der Grabesruhe), sollen die Wege auf Zwischenräumen zwischen den Gräbern sein.

Für Muslime gilt ewige Ruhe, das heißt, ein Grab kann nicht „aufgelöst“ werden, es ist höchstens eine Nachbelegung durch einen Muslim möglich. Dies ist dann, wenn nach gesicherten Erfahrungen davon auszugehen ist, dass keine menschlichen Überreste mehr vorhanden sind. Einzelne kleine Funde sind kein Hindernis für eine Wiederbenutzung des Grabes, eventuelle Funde müssen aber pietätvoll, tiefer oder seitlich bestattet werden. In der Türkei ist dies ab frühestens 7Jahren möglich.

Es ist religiös ausdrücklich untersagt, übermäßige Ausgaben für die Gräber zu machen; sie müssen so einfach wie möglich sein. Umso mehr soll man für die Armen und die Bedürftigen ausgeben und Gott bitten, dafür die Verstorbenen zu belohnen.

Es wird auf dem Grab meist nur ein einfacher Stein am Kopfende mit dem Namen und den Daten des Verstorbenen angebracht, manchmal auch in isla­mischer Zeitrechnung und mit dem religiösen Ehrentitel „hacı“ bei einem Mekkapilger, einem Koranvers, dem islamischen Glaubensbekenntnis oder dem islamischen Halbmond.

An den großen islamischen Feiertagen besuchen Muslime traditionell ihre Gräber, die aber dazu nicht (wie im Katholizismus z.B. an Allerheiligen/Allerseelen) besonders geschmückt werden.

Da der Muslim in Gemeinschaft mit seinen Glaubensgeschwistern die Auferstehung erwarten soll, sollten muslimische Gräber nicht mit denen von Andersgläubigen vermischt sein. Auch sollte daher der Friedhof kein ehemaliger christlicher sein. So werden z.B. nicht-muslimische Familienangehörige in der Türkei auf islamischen Friedhöfen nur formlos beerdigt. Es steht für die Muslime in der Türkei außer Frage, dass die christ­lichen Kirchen für ihre Angehörigen eigene Friedhöfe in Selbstverwaltung haben.

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